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Zürcher Gericht spricht Ex-Finanzaufseher des Vatikans frei

Zürcher Gericht spricht Ex-Finanzaufseher des Vatikans frei

16.07.2025, 16:5916.07.2025, 21:23
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Das Bezirksgericht Zürich hat den früheren höchsten Finanzaufseher des Vatikans am Mittwoch freigesprochen. Der Staatsanwalt scheiterte mit der Forderung nach einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren für den Schweizer.

Den Vorwurf der Bestechung sah das Gericht nicht als erwiesen an. Die Kontaktperson des Beschuldigten habe zwar Informationen eines Geheimdienstlers eingeholt, sagte der Richter bei der Urteilseröffnung.«Ob dieser dabei Geheimnisse enthüllte, ist aber fraglich». Auch in anderen Fällen zweifelte das Gericht an, ob geheime Informationen an den 52-Jährigen flossen.

Unklar sei weiter, ob die Belege der Vermittlerin wahrheitsgemässe Angaben wiedergaben, etwa zu den bezahlten Beträgen. Ungenügend belegt ist für das Gericht auch, dass der 52-Jährige direkt Amtspersonen zum Enthüllen geheimer Informationen brachte.

Über seinen Anwalt liess der Beschuldigte den Medien ausrichten, dass er «grosse Genugtuung und Erleichterung» verspüre. Er sei aber immer überzeugt gewesen, dass die Vorwürfe nicht gerechtfertigt seien.

Der Verteidiger wird mit 110'000 Franken aus der Staatskasse entschädigt. Das Urteil kann noch an das Obergericht weitergezogen werden.

DDR-Agentin als Kontaktperson

Am Morgen gab sich der Beschuldigte kurz angebunden. Auf Anraten seines Anwalts werde er die Fragen des Richters nicht beantworten, sagte der 52-Jährige. Er verlas aber eine persönliche Erklärung. Darin bezeichnete er die Vorwürfe als unzutreffend.

Die Staatsanwaltschaft warf dem Beschuldigten mehrfache Bestechung und Anstiftung zur Amtsgeheimnisverletzung vor. Die Taten sollen in den Jahren 2013 bis 2016 passiert sein. Über eine private Ermittlerin habe der Beschuldigte etwa geheime Informationen von einem österreichischen Geheimdienstler oder von Politikern bezogen.

Seine schillernde Kontaktperson, eine ehemalige DDR-Agentin, habe er als aufrichtig wahrgenommen, sagte der Beschuldigte. «Hätte ich gewusst, dass sie illegal handelt, hätte ich nicht mit ihr zusammengearbeitet». Ihre Verhaftung habe ihn «schockiert».

«Bestechung als Geschäftsmodell»

Der Staatsanwalt warf dem früheren obersten Finanzaufseher des Vatikans «Bestechung als Geschäftsmodell» vor. Der Beschuldigte habe gewusst, dass die Informationen von Amtsträgern kommen, sagte er. Im Auftrag von Konkurrenten soll der 52-Jährige Informationen über Investoren oder russische Oligarchen gesucht haben. Der Schweizer habe ein «Geheimnis-für-Geld-Netzwerk» aufgebaut, sagte der Staatsanwalt.

Er ging von einem gezielten Vorgehen aus. Die Bekannte habe über ein Netzwerk an Spionen verfügt, die gegen Geld Auskunft gaben. Das Verhältnis zwischen der Agentin und dem Finanzaufseher sei sehr vertraut gewesen.

«Extrem verwerflich gehandelt»

Der Beschuldigte habe extrem verwerflich gehandelt, warf ihm der Staatsanwalt vor. «So ein Vorgehen erschüttert das Vertrauen in den Rechtsstaat», sagte er. Zumal der Beschuldigte in einer privilegierten Stellung gewesen sei und eigentlich in der Verbrechensbekämpfung arbeitete.

Als Motiv für die mutmassliche Bestechung sah der Staatsanwalt ein finanzielles. «Er handelte aus grosser Profitgier. Dabei dürfte er wohl kaum Geldprobleme gehabt haben», sagte er.

«Völlig überzogen»

Die geforderten fünf Jahre Freiheitsstrafe seien völlig überzogen, konterte der Verteidiger. Er forderte einen Freispruch. Die Staatsanwaltschaft stütze sich auf «wilde Spekulationen und Behauptungen».

Der Verteidiger zog in Zweifel, dass einige der Kontaktpersonen Amtsträger waren. Andere seien es zum Zeitpunkt der Vorwürfe nicht mehr gewesen. Dass etwa der österreichische Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser in der Anklageschrift vorkomme, sei «haltloses Namedropping».

Kein Motiv erkennbar

Belege für Zahlungen für Geheimnisse durch seinen Mandanten gebe es nicht, sagte der Verteidiger. Die Vermittlerin habe dubiose «Eigenbelege» vorgelegt, die das beweisen sollen. Ein Motiv konnte er nicht erkennen. «Mein Mandant hatte einen guten Ruf und eine angesehene berufliche Stellung», sagte der Verteidiger. Finanziell seien die Mandate, bei denen er die Taten begangen haben soll, für den 52-Jährigen «nicht relevant» gewesen.

Einen Teil der Vorwürfe, Verletzungen des Bankgeheimnisses, schloss das Gericht wegen Verjährung aus. (sda)

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